Positionen zur Entwicklung des Gewerbestandorts Hohenbrunn

Hohenbrunner Gewerbebetriebe schaffen Arbeitsplätze, Einkommen und Wirtschaftskraft für die Region und Einnahmen für die Gemeinde. Die Gewerbesteuer ist für Hohenbrunn zusammen (und in „normalen“ Jahren etwa gleichgewichtig) mit der Einkommensteuer eine ganz wesentliche Einnahmequelle.  Die Höhe der jährlichen Gewerbesteuereinnahmen unterliegt stärkeren Schwankungen als die der Einkommenssteuer. Die Gemeinde kann diese Schwankungen aber kaum beeinflussen. Sie kann lediglich darauf hinwirken, dass „ausreichend“ viele Gewerbetreibende die Gemeinde Hohenbrunn attraktiv finden, sich hier niederlassen bzw. gerne und auf Dauer hier bleiben. Die Gemeinde kann außerdem darauf hinwirken, dass wir unterschiedlich große und in unterschiedlichen Branchen tätige Unternehmen in Hohenbrunn haben und nicht von einigen Großen oder einer Branche besonders abhängig sind. Entsprechende Bemühungen können zu einer gewissen Verstetigung der Einnahmen  beitragen.
In unserer Fraktion besteht Konsens: eine nachhaltige (!) Gewerbeentwicklung ist ein wichtiges, in Hohenbrunn eher vernachlässigtes Thema. Der bisher zu geringe Stellenwert wird in den aktuellen Problemen der beiden Gewerbegebiete  RIEMERLING-WEST und MUNA  deutlich. Die Entwicklung der bestehenden Gebiete hat für uns Vorrang vor der Erschließung neuer Gewerbeflächen durch die angestrebte Übernahme des frei gewordenen Bundeswehrgeländes, für die es im Übrigen noch keine konkreten, nachvollziehbare Planungen gibt. Die schlichte Absicht, großzügig Gewerbeflächen zu schaffen, genügt uns jedenfalls nicht und ist angesichts von Leerständen und Gewerbebrachen in unseren bisherigen Gewerbegebieten auch nicht unproblematisch. Es besteht die Gefahr, dass mit einem neuen Gewerbegebiet lediglich Flächenkonkurrenz und kein Mehrwert für die Gemeinde entsteht.
Die Attraktivität des Standorts Hohenbrunn bzw. unserer Gewerbegebiete hängt von mehreren Faktoren ab, von „harten“ und „weichen“ Standortfaktoren. Diese unterliegen wiederum globalen Einflüssen,  wie gesetzlichen Regelungen, der allgemeinen Wirtschaftslage usw., und besonders aber den speziellen Rahmenbedingungen des Ballungsraumes München. Nur wenige Standortfaktoren kann die Gemeinde Hohenbrunn tatsächlich autonom bestimmen, verändern oder zumindest in eine gewünschte Richtung lenken.
Wenn die politisch Verantwortlichen in der Gemeinde Standortfaktoren bewusst verbessern wollen,  sind außerdem immer auch andere als gewerbliche Interessen (z.B. Wohnqualität, Naturschutz) im Spiel und abzuwägen. Solche Interessenskollisionen und die damit verbundene Notwendigkeit eines Interessensausgleichs sind eine nie endende Daueraufgabe des Gemeinderats. In der Regel ist eine „maximale Einlösung“ gewerblicher Standortinteressen undenkbar und nicht vertretbar.
Nicht nur Hohenbrunn, jede Nachbargemeinde braucht Gewerbesteuereinnahmen und versucht mehr oder weniger ambitioniert Gewerbe anzusiedeln und zu halten – am liebsten ausschließlich saubere Hightech-Unternehmen, die weder Schwerlastverkehr noch Emissionen aber zuverlässig hohe Gewerbesteuereinnahmen mitbringen – die „Eier legende Wollmilchsau!“

Die Gewerbegebiete RIEMERLING-WEST und MUNA können in einer detaillierten Einschätzung nicht in einen Topf geworfen und gemeinsam beurteilt werden. Sie haben unterschiedliche Rahmenbedingungen und Potentiale. Der Gewerbestandort Hohenbrunn – dies sei der Detailbetrachtung als generelles Plus vorangestellt – zeichnet  sich durch einen seit langem moderaten, im Landkreisvergleich bisher günstigen Gewerbesteuer-Hebesatz (300 v.H.) aus.

RIEMERLING-WEST

+ hat über den nahen Autobahnanschluss Ottobrunn und die B471 und Rosenheimer Landstraße eine gute überregionale Verkehrsanbindung.

+ ist  mit dem ÖPNV ( direkt per Bus bzw. von der S-Bahn-Station Ottobrunn fussläufig) erreichbar.

  Der motorisierte Verkehr zum Gewerbegebiet tangiert allerdings zu einem erheblichen Teil reine Wohngebiete (Riemerling-West) bzw. Wohnbebauung im Mischgebiet (Appeltwiese) was in der Vergangenheit zu erheblichen Problemen und Protesten geführt hat. An diesem Zustand ist im Prinzip nichts mehr oder nur wenig zu ändern.

  grenzt unmittelbar an Wohngebiet bzw. an den Bannwaldgürtel.

Die  Akzeptanz gewisser Belästigungen und Belastungen, die von Gewerbebetriebe ausgehen ist begrenzt. Es gab und gibt immer wieder Probleme und Proteste.

+/- hat keine/kaum Flächenreserven für eine Neubebauung oder wesentliche Gebäudeerweiterungen für wachsende Unternehmungen; es gibt allerdings (augenfällig) Leerstände.

+/- Das Erscheinungsbild (Ordnung und Sauberkeit, Zustand der Gebäude u.ä.)  ist  „im Wesentlichen in Ordnung“. Das bedeutet nicht, dass es das attraktive Bild eines modernen Gewerbestandorts vermittelt.

 

MUNA

+ hat durch die Autobahnnähe (Anschluss Ottobrunn und Anschluss Hohenbrunn) eine gute überregionale Verkehrsanbindung.

+ und ist mit dem ÖPNV (S-Bahn-Station Wächterhof) erreichbar.

  Der Zufahrtsverkehr zum Gewerbeverkehr tangiert die Luitpoldsiedlung (bisher moderat wegen der für größere Fahrzeuge nicht passierbaren S-Bahn-Unterführung) und massiv die Ortsdurchfahrt Hohenbrunn.  Die Belastungsgrenze ist hier eigentlich schon überschritten und ist Engpassfaktor für jede weitere Entwicklung.

  Den Abbau der nicht mehr genutzten Gleisanlage durch die DB halten wir für einen Schildbürgerstreich. Schon mittelfristig wird der Gütertransport auf der Straße seine Grenzen erreichen. Gleisanbindungen sehen wir als künftigen Wettbewerbsvorteil an.

+ hat noch erhebliche Flächenreserven, die erst jüngst durch Überplanung des Areals am Eichenwald aufgestockt wurden. Grundsätzlich und langfristig besteht die Möglichkeit einer Erweiterung auf bisher von der Bundeswehr genutzten Flächen.

+ In unmittelbarer Nähe gibt es keine Wohnbebauung; die Wohnbebauung im Gewerbegebiet ist im engen Zusammenhang mit den dort vorhandenen Gewerbebetrieben und deshalb als eher unproblematisch zu sehen. Lage und Ausdehnung des Gewerbegebietes ermöglicht die Ansiedlung neuer, auch größerer Betriebe, auch von Betrieben mit Emissionen (Einhaltung von Vorschriften und Auflagen vorausgesetzt).

  Interessenskonflikte und Akzeptanzprobleme gibt es aber seitens des Natur- und Landschaftsschutzes. Der Flächenverbrauch, v.a. im Bannwald wird (übrigens auch von uns) kritisiert und als nicht verantwortungsvoll sparsam eingeschätzt. Die Altlastenproblematik ist nicht transparent.

  Das Erscheinungsbild ist katastrophal: verwahrloste Grundstücke, ungenutzte, baufällige Schuppen und Hallen, wilde Müllablagerungen einschließlich stillgelegter Altwagen, zugewucherte Gehwege, ein Wirrwarr von z.T. veralteten Hinweisschildern, unzureichende Straßenreinigung, usw.

  klagt über ein völlig unzureichendes Datenübertragungsnetz und die fehlende Breitbandverfügbarkeit.

Unsere Gewerbegebiete sind nicht planvoll entwickelt worden; sie sind im Verlauf vieler Jahre mehr oder weniger „wild“ gewachsen. Daraus resultieren Standortprobleme, die sich nicht von heute auf morgen heilen lassen. Wollen wir die ansässigen Unternehmen und Gewerbetreibenden jedoch auf lange Sicht in Hohenbrunn halten und für neue Interessenten attraktiv werden, muss zügig gehandelt werden.

Wir gehen davon aus, dass die Gemeinde erste Sofortmaßnahmen  –  eine Straßenreinigungsaktion, die Grundpflege Straßen begleitender Grünanlagen und die Entfernung von wilden Müllablagerungen und Fahrzeugwracks im MUNA-Gebiet  –  noch vor dem Winter in Auftrag gibt. Dieser Misstand ist ja hinlänglich kommuniziert.

Weitere konkrete Verbesserungen –  repräsentative Hinweistafeln an den Zufahrten zu den Gewerbegebieten mit einem entsprechenden Leitsystem und Ergänzung des Internetauftritts der Gemeinde um Informationen zum Gewerbeverband, freie Gewerbeflächen, usw.  –  können u.E. innerhalb weniger Monate realisiert werden. Hier ist sowohl die Gemeinde als auch der Gewerbeverband gefordert.

Wir schlagen außerdem die Benennung eines festen Ansprechpartners für Belange des Gewerbes in der Verwaltung, eine/n Gewerbebeauftragte/n, vor. Sie/er soll die Erledigung der akuten Aufgaben vorantreiben und in Zukunft für eine unkomplizierte Kommunikation und intensivere Zusammenarbeit zwischen Gemeinde und Gewerbe sorgen.

Diese kurzfristig notwendigen ersten Schritte dürfen von den langfristig wichtigen Themen aber nicht ablenken. Die Gemeinde muss sich über ihre zukünftige Gewerbepolitik klar werden. Dazu sind mehrere Schritte notwendig:

(1) aktuelle Bestandsaufnahme

  • aller Gewerbegrundstücke
    Größe?
    Baurecht?
    Eigentümer/Ansprechpartner?
    aktuelle Nutzung?
    u.ä.
  • der Gewerbebetriebe
    Branche?
    Firmensitz?
    Gewerbesteueraufkommen?
    Anzahl Mitarbeiter?
    Entwicklungswünsche/-perspektiven?
    besondere Infrastrukturanforderungen?
    u.ä.

Diese Bestandsaufnahme (Konzeption wie Erhebung) kann und sollte der Gewerbeverband unterstützen.

 

(2) Erarbeitung eines Entwicklungskonzepts zur Qualität und Ausdehnung der zukünftigen Gewerbegebiete Hohenbrunns zu klären sind z.B.

  • Welche Relation Bürofläche:Produktionsflächen:Lagerflächen wird angestrebt?
  • Wo sollen Büros angesiedelt werden? Wo können Betriebe mit Emissionen sinnvoller Weise angesiedelt werden? (nutzungsbezogene Flächenkategorien)
  • Welche Einflussmöglichkeit auf die künftige Nutzung der Flächenreserven besteht? Und wie kann der Einfluss geltend gemacht werden?
  • Sollen neue Gewerbeflächen geschaffen werden? In welchem Umfang?

Hierbei sind neben den politischen Entscheidungsträgern unbedingt Experten für Gewerbe-Standortentwicklung (ggf. auch Fachleute mit Erfahrung in der Konversion ehemaliger Bundeswehrgelände) einzuschalten und die Gewerbetreibenden zu beteiligen. Hand in Hand mit dieser Zielfindung gehen notwendiger Weise

 

(3) Planungen notwendiger Infrastrukturmaßnahmen

  • zeitgemäße Breitband-Internetanbindungen
    sind bereits heute unabdingbar, wenn Hohenbrunn als Gewerbestandort attraktiv sein will . Ohne sie kann Hohenbrunn nicht daran denken, neue größere Gewerbetriebe anzusiedeln. Wir warnen allerdings davor, den Netzbetreibern diese Aufgabe (die Bereitstellung entsprechender Netze) abzunehmen. Die Gemeinde kann (übrigens förderfähige) Planungsarbeiten übernehmen, sollte aber in erster Linie moderierend alle Bemühungen des Gewerbes in Richtung Netzbetreiber bzw. zur Ausnutzung von Fördermöglichkeiten (etwa durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, siehe hierzu … ..) unterstützen.
  • Verbesserung der Verkehrsanbindungen
    Voraussetzung für eine weitere Entwicklung und Ausdehnung des Gewerbestandorts MUNA ist eine Verkehrsanbindung des Gebiets, die zu einer heute schon überfälligen Entlastung des Dorfes von Durchgangsverkehr führen muss. Ohne der Diskussion auf Basis des in Kürze erwarteten Verkehrsgutachtens vorgreifen zu wollen, halten wir eine Umgehungslösung, die die östliche Rodungsinsel durchschneidet, für unvertretbar. Besonderes Augenmerk sollte man  – in Zusammenarbeit mit der Nachbargemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn, die in unmittelbarer Nähe ebenfalls Gewerbeflächen entwickeln will,  –   auf einen Ausbau der Luitpoldstraße legen. Damit verbunden wäre eine Vergrößerung der S-Bahn-Unterführung und eine zeitgemäße Gestaltung der S-Bahn-Station Wächterhof, die zukünftig wesentlich stärker frequentiert sein wird.

    Die ÖPNV-Anbindung könnte bei entsprechend hohen Nutzerzahlen durch einen Shuttlebus-Service zwischen S-Bahn-Station und Gewerbegebiet zu den Hauptverkehrszeiten (auch als Kooperationsprojekt zwischen Gemeinde und Gewerbe denkbar) optimiert werden.

  • Energiekonzept als Standortvorteil
    Bereits mittelfristig können Sicherheit/Unabhängigkeit und Kosten der Energieversorgung zum Standortargument werden. Deshalb sollte die Gemeinde, ggf. in Kooperation mit Nachbargemeinden und  ggf. auch als Energieversorger moderne und zukunftsbeständige Konzepte (Schaffung von Wärmenetzen, dezentrale Energieversorgung, Kraft-Wärme-Kopplung und Ausnutzung lokal verfügbarer Energiequellen) planerisch entwickeln (Machbarkeitsstudien), initiieren bzw. umsetzen.
  • Kinderbetreuungseinrichtungen in unmittelbarer Nähe zum Arbeitsplatz

    werden für berufstätige Eltern immer wichtiger. Kleine und mittlere Unternehmen können diese Einrichtungen nicht ohne Weiteres leisten. Hier bieten sich Kooperationsmöglichkeiten zwischen Gewerbe und Gemeinde an, die rechtzeitig in gemeindliche Planungen einfließen sollten.

 

(4) Entwicklung und Umsetzung eines Vermarktungskonzepts

 „Wer nicht wirbt, der stirbt“ –  Dies gilt auch für den Gewerbestandort Hohenbrunn.

Entsprechende Marketingaktivitäten müssen als Daueraufgabe verstanden und in der Verwaltung installiert werden. Erste Schritte hierzu können sein:

  • entsprechend einprägsame und „beeindruckende“ Namen für unsere Gewerbegebiete
    „Gewerbepark“ verdeutlicht einen anderen Anspruch als „Gewerbegebiet“
  • Gestaltung eines entsprechenden „Entree“ ins Gewerbegebiet
    Es sollte am gesamten Erscheinungsbild, nicht nur an einer größeren Anzahl kreuz und quer hängender Hinweistafeln deutlich werden, dass hier ein modernes Gewerbegebiet beginnt. Und jeder Besucher sollte schnell und sicher über ein modernes, zweckmäßiges Leitsystem die gesuchte Adresse finden.
  • Sukzessiver Aufbau und aktuelle Pflege einer Gewerbeseite im Internetauftritt der Gemeinde.

Die Gemeinde ist hier auf die Kooperation mit dem Gewerbe/dem Gewerbeverband und die Unterstützung entsprechender Fachkräfte angewiesen.

Dies sind mehr oder weniger stichwortartig vorgetragen unsere derzeitigen Ansatzpunkte für eine langfristige und nachhaltige Stärkung des Gewerbestandorts Hohenbrunn. Der Meinungsaustausch in und zwischen den Gemeinderatsfraktionen über die künftige Gewerbepolitik Hohenbrunns hat sich ja erst jüngst – durch die Diskussion um das frei gewordene Bundeswehrgelände und nicht zuletzt auch anlässlich der Neugründung Ihres Verbandes – belebt. Sehr gerne würden wir natürlich auch mit Ihnen im Detail und vertiefend über unsere Ideen diskutieren.

 

Gisela Pfaller
Dr. Martina Kreder-Strugalla
Alfred Rietzler
Wolfgang Schmidhuber

 

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