Gemeinderatssitzung 15.12.2016

Straßenausbaubeitragssatzung – weiteres Vorgehen

Prof. Kuchler, Rechtsbeistand der Gemeinde Hohenbrunn im Thema Straßenausbaubeitragssatzung, erläuterte zunächst die noch verbleibenden rechtlichen Möglichkeiten, sollte die Gemeinde gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) vorgehen wollen. Dieser hatte entschieden, dass das Landratsamt München zu recht beanstandet, dass der Hohenbruner Gemeinderat die Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung beschlossen hat. Die Gemeinde müsse diese Beiträge erheben, u.a. weil eine atypisch gute finanzielle Situation nicht vorliege. Die Revision wurde nicht zugelassen

Zunächst müsse die Nichtzulassung der Revision durch eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Diese Nichtzulassungsbeschwerde habe nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn (a) grundsätzliche Fragen des Bundesrechts berührt seien, über die der VGH falsch entschieden habe, oder (b) der VGH in seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen sei und (a) oder (b) für das Urteil des VGH ursächlich waren; darüber hinaus darf es keine weiteren Gründe für das Urteil des VGH geben.

Prof. Kuchler berichtete, dass lediglich 3% bis 4 % der Beschwerden beim Bundesverwaltungsgericht überhaupt erfolgreich geführt werden, in unserem Fall sieht er keine Erfolgsaussichten: Das Urteil des VGH stütze sich vor allem auf das Kommunale Abgabengesetz und die Gemeindeordnung, Bundesrecht sei also nicht berührt, ebenso wenig Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts. Und schließlich und enscheidend gäbe es eine zusätzliche Begründung des VGH-Urteils, nämlich die fehlerhafte Vorgehensweise bei der Ausfertigung der Aufhebungssatzung. Nach dem Beschluss im Gemeinderat Ende 2013, die Satzung wieder abzuschaffen, hatte Bürgermeister Straßmair eine Aufhebungssatzung ausgeführt,  unterschrieben und bekannt gemacht, die nicht exakt mit dem beschlossenen Sachverhalt übereinstimmte. Er hätte den Gemeinderat erneut über die Satzung abstimmen lassen müssen. Dieser Fehler hat nun möglicherweise weitreichende Folgen.

Die Nichtzulassungsbeschwerde in Leipzig müsse dennoch geführt werden, wenn man die letzte Möglichkeit, nämlich eine Beschwerde zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof ausschöpfen möchte. Die Zurückweisung in Leipzig ist Voraussetzung für ein weiteres Beschwerdeverfahren und eine letztinstanzliche Entscheidung. Die Hürden sind hoch, die Erfolgsaussichten ebenfalls äußerst fraglich. Erfolg hätte die Beschwerde beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof nur, wenn die Entscheidung des VGH gegen die Bayerische Verfassung verstoße, dieser Verstoß ursächlich für das vermeintliche Fehlurteil sei und das VGH-Urteil keine weiteren Begründungen heranziehe. Während Kuchler eine gewisse Chance sieht, die Abschaffung der Straßanausbaubeitragssatzung mit der in der Bayerischen Verfassung verankerten Finanzhoheit der Gemeinde rechtfertigen zu können, bleibt der oben geschilderte formale Fehler, den Bürgermeister Straßmair zu verantworten hat. Kuchler bezeichnete die Erfolgsaussichten als „problematisch“ und wollte auf die Frage von Gemeinderätin Miller, welchen Rat er nun Hohenbrunn gebe, keine Empfehlung aussprechen. „Die Entscheidung über das weitere Vorgehen müssen Sie selbst treffen“, sagte Prof. Kuchler.

Die Entscheidung wurde getroffen: Bei drei Gegenstimmen, zwei davon aus der GRÜNEN Fraktion, beschloss der Gemeinderat, trotz sehr geringer Erfolgschancen den vorgezeichneten Rechtsweg – über eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht zur Beschwerde beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof.

Der Verfasserin ist unerklärlich, wie Bürgermeister und viele KollegInnen im Gemeinderat anscheinend völlig ausblenden, dass sie sich 2009 bewusst für eine Straßenausbaubeitragssatzung entschieden und diesen Beschluss 2010 auch nochmals bestätigt haben. Jetzt will es keine/r mehr gewesen sein, und um das zu bestärken, geht man durch alle Instanzen … koste es, was es wolle, und seien die Erfolgschancen noch so klein. Die Entscheidung wurde von anwesenden BürgerInnen (aus deren Sicht verständlicherweise) mit Applaus belohnt.

Allerdings war das seinerzeit nicht juristisch vorgeklärte Versprechen von 2009, man werde drei Straßen noch aus der Beitragserhebung ausnehmen, nichts anderes als leichtfertig, die Rechtsaufsicht hatte diese Absicht dann auch prompt beanstandet – Satzung ist nun mal Satzung, Ausnahmen gehen nicht.  Natürlich ist es für die vom VGH-Urteil enttäuschten BürgerInnen bitter, wenn sie nun doch zur Kasse gebeten werden sollten, aber diese Möglichkeit stand immer im Raum. Wer etwas anderes behauptet, verweigert die Realität. Die Entscheidung, durch alle Instanzen zu gehen, ist eine Entscheidung für die Zuschauerränge, keine Entscheidung in Verantwortung für die Gesamtgemeinde.

Professor Kuchler rechnet mit Rechtsanwaltskosten von mindestens 40.000€ und stellte in Aussicht, dass die Verfahren wohl rund 2 Jahre dauern werden.

Nachdem die weitere Vorgehensweise nun festgelegt wurde, haben wir die Abstimmung über unseren Antrag zur juristischen Klärung weiterer Fragen zurückgestellt. Wir wollten wissen, ob wir auf eine Abrechnung von Straßenausbaubeiträgen für Maßnahmen vor 2011 tatsächlich verzichten können,ob und wie ein Übergang zu wiederkehrenden Beiträgen, die eine hohe einmalige Belastung der Beitragszahler vermeiden, möglich wäre, und
welche Möglichkeiten es bei Härtefällen gibt (z.B. Stundung, Ratenzahlung). Wir werden zur gegebenen Zeit darauf zurückkommen.

Haushalt 2017

Es war bereits in mehreren Ausschusssitzungen über verschiedene Haushaltsentwürfe beraten worden, als nun über den finalen Entwurf entschieden werden sollte – einen Haushaltsplan mit einem Volumen von rund 32 Mio €, so hoch wie nie, einen Verwaltungshaushalt mit über 23,3 Mio €, ebenfalls ein all time high, und einen Vermögenshaushalt von 8,7 Mio €. Aus dem Verwaltungshaushalt sollen rd. 900.000€ dem Vermögenshaushalt zugeführt werden. Was zunächst nicht schlecht klingt, ist auf längere Sicht viel zu wenig, um die Investitionsvorhaben der nächsten Jahre zu finanzieren.

Die Einnahmensituation ist gut, sie ist geprägt von der anhaltend guten Konjunktur. Gerechnet wird mit steigenden Einkommens- und Umsatzsteueranteilen (+300.000€), ebenso steigenden Gewerbesteuereinnahmen (+700.000€ nach Anhebung des Hebesatzes in 2016) und einem Plus bei der Grundsteuer  (+23.000€ nach einer Hebesatzanpassung in 2016).

Ebenso steigen aber auch die Verwaltungsausgaben kontinuierlich weiter. Die Steigerungen der Personal- und Sachausgaben seit 2008 sind beachtlich – nein, sie sind z.T. gigantisch. Wir haben zwar neue Einrichtungen (z.B. im Kita-Bereich, z.B. Seniorentreff), aber wir sind im Vergleich mit 2008 immer noch die gleiche Gemeinde in einer unveränderten Größenordnung. Zu Ausgabenkürzungen war die Verwaltung und die Mehrheit im Hauptausschuss allerdings nicht bereit.

Dabei wurde zu Beginn der Haushaltberatungen eine Finanzierungslücke im Vermögenshaushalt von 3,5 Mio€ präsentiert und die Ausschussmitglieder bekamen die Aufgabe, sich eine Lösung zu überlegen: Ausgabenkürzungen, Rücklagenentnahme, Kreditaufnahme? Da kam eine (vermeintliche) Hilfe aus „heiterem Himmel“: Einnahmen aus Grundstücksgeschäften, die eigentlich für 2016 geplant waren und sich verzögert hatten, sollen nun in 2017 fließen und gleichen die Lücke aus. Dass es nun aber in 2016 eine ungeplante Rücklagenentnahme (ca. 2,4 Mio€) geben wird – davon redet niemand. Ein Hin- und Herschieben wie beim Hütchenspiel. Das Jahr 2016 ist abgehakt und 2017 sieht auf einmal gut aus. Der Vermögenshaushalt 2017 wird nun zu einem erheblichen Teil aus Grundstücksverkäufen (ca. 6,5 Mio€) bestritten und es gibt voraussichtlich eine Rücklagenzuführung (ca. 2,2 Mio€).

Zur Schuldenentwicklung: Bis Ende 2017 prognostiziert die Kämmerei einen Schuldenstand von 4,1 Mio€ – hinzu kommen sog. Schulden „außerhalb des Haushalts“ in Höhe von ca. 11 Mio€. Das sind Verbindlichkeiten durch Darlehen des Zweckverbandes für den Hohenbrunner Anteil an der Finanzierung weiterführender Schulen. Wir werden dann in Hohenbrunn eine pro-Kopf-Verschuldung von über 1700€ haben! Und in den kommenden Jahren wird die Verschuldung weiter nach oben getrieben, allein durch weitere Investitionen im Zweckverband Weiterführende Schulen im südöstlichen Landkreis und die Neubauten auf dem Schulcampus in Riemerling.

Unsere Anträge zur Abänderung von Haushaltsansätzen scheiterten, die Deckelung der Straßenunterhaltskosten oder die Kürzung bei der Erneuerung von Büroausstattungen ebenso wie die Kürzung der in 2017 völlig unrealistischen Einnahmen aus Straßenausbaubeitragssatzung oder eine bessere Aussatttung des Energiesparförderprogramms (nach unserer Niederlage im Hauptausschuss im Gemeinderat noch einmal, diesmal von Franz Braun, ohne Erfolg beantragt).

Haushaltssatzung und Haushaltsplan 2017 wurden abgesegnet, lediglich zwei Mitglieder der GRÜNEN Fraktion stimmten dagegen. Die mittelfristige Finanz- und Investitionsplanung wurde bei vier Gegenstimmen angenommen.

Vergaben  für Neubauten auf dem Schulcampus Riemerling  (Hallenbad, Turnhalle, Mittagsbetreuung)

Der Gemeinderat beschloss die Vergabe der Objektplanung (vorläufig brutto € 1.117.237€), die Vergabe der Tragwerksplanung (vorläufig brutto €296.054) sowie der Fachplanung technische Ausrüstung (vorläufig brutto €843.024) an die jeweiligen Bieter, die vom Bauausschuss in einem aufwändigen Verhandlungsverfahren nach VgV  ausgewählt und empfohlen worden waren. Auf Anregung unserer Fraktion wurde in die Beschlüsse explizit aufgenommen, dass die Beauftragung abschnittsweise (nach Leistungsphasen) erfolgen soll, so dass der Gemeinderat immer wieder in die weitere Vorgehensweise eingebunden und immer wieder richtungsgebend entscheiden kann.

Weitere Tagesordnungspunkte

Konzessionsverträge Gas und Strom  sowie  Förderrichtlinien Energieeinsparung & erneuerbare Energien  wurden abgesetzt bzw. vertagt.

 

 

 

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