Einfach irre!

Bild München titelt am 30.08.2016 Der irre Straßenkampf von Bürgermeister Straßmair. Grimmig dreinblickend posiert der Hohenbrunner Bürgermeister dazu in der Friedrich-Fröbel-Straße in Riemerling. Eine irre gute Überbrückung des Sommerlochs? Irre schon, aber nicht gut. Denn was hier berichtet wird, ist höchstens die halbe Wahrheit, die Bürgermeisterversion halt: Die Bürger sollen bald viel Geld für neue Straßen zahlen – obwohl der Bürgermeister das gar nicht wolle. Eine Vorschrift zwinge ihn zum Kassieren. Die Erhebung des Straßenausbaubeitrages rechne sich nicht für Hohenbrunn, der Aufwand sei zu hoch. Angeblich ist die Satzung zur Erhebung der Beiträge aufgehoben. „Wir haben da einen Ermessensspielraum“ wird Straßmair zitiert. Die Klage der Gemeinde gegen das Landratsamt wurde in erster Instanz verloren, jetzt hat der Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden.

Wenn man einmal aus der Sommerhitze in den Schatten tritt und die Dinge nüchtern im Detail betrachtet, stellt man fest, die Geschichte zur Straßenausbaubeitragssatzung der Gemeinde Hohenbrunn geht anders. Und sie ist eine Geschichte von Pleiten, Pech und Pannen:

Bürgermeister Straßmair selbst stimmte vor Jahren dafür, die Bürger an den Kosten des Straßenausbaus zu beteiligen. Im Frühjahr 2009 wurde mit seiner Stimme eine Ausbaubeitragssatzung beschlossen. Anlieger sollten an den Kosten von Straßenbaumaßnahmen beteiligt werden, sofern diese über eine regelmäßige Instandhaltung hinaus gehen.  Der Gemeinderat hielt eine Ausbaubeitragssatzung für unumgänglich, „heilsame Kräfte“ könnte sie entfalten, übertriebene Wünsche würden zurückgeschraubt, weil den Bürgern die immensen Kosten bewusst und sie mit zur Kasse gebeten würden. Allerdings sollten zwei Straßen in Riemerling (Friedrich-Fröbel-Straße und Steinstraße), deren Ausbau seit langem anstand, noch beitragsfrei ausgebaut werden – zumindest versprach dies der Bürgermeister den Anliegern immer wieder. Er ist Diplomverwaltungswirt und promovierter Jurist. Was sollte da schief gehen?

Es ging dann aber alles schief: Der Bayerische Kommunale Prüfungsverband monierte zunächst die Satzung, weil sie nicht der neuesten Rechtsprechung entsprach. Zum 01.01.2011 wurde eine aktualisierte Fassung beschlossen. Das Landratsamt beanstandete dann allerdings den Plan, zwei Straßen doch noch beitragsfrei auszubauen, die Anlieger müssten Beitragsbescheide erhalten. Die CSU-Fraktion glaubte nun, dem Bürgerzorn entgehen zu können, indem sie im November 2013 beantragte, die Satzung wieder ganz aufzuheben. Man behauptete kurzerhand, ein Kostenbeitrag der Bürger sei doch nicht nötig. Nichts als ein unverantwortlicher Schnellschuss vor der anstehenden Gemeinderatswahl! Die Kommunalaufsicht hatte erst im März 2013 darauf hingewiesen, dass die Finanzlage der Gemeinde nicht unproblematisch sei. Egal, die Aufhebung wurde beschlossen. Der Bürgermeister griff nicht ein. Und das Landratsamt beschied prompt, dass der Aufhebungsbeschluss rechtswidrig und nichtig sei. Die Gemeinde klagte erfolglos beim Bayerischen Verwaltungsgericht. Inzwischen läuft nun ein Berufungsverfahren beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Die Erfolgsaussichten sind mäßig, die Kosten des Rechtsstreits beachtlich.

Zur Zeit gilt die Straßenausbaubeitragssatzung vom 01.01.2011. Danach bestünde die Pflicht zur rückwirkenden Abrechnung von Straßenausbaubeiträgen. Nun überraschte die Verwaltung den Gemeinderat mit der Ansage, bei einem Wasserschaden seien die für eine Abrechnung notwendigen Akten vernichtet worden. Daraufhin wurde eine erneute Satzungsänderung notwendig, die feststellte, dass Ausbaumaßnahmen vor dem 01.01.2011 nicht in Rechnung gestellt werden. Man könne mit dieser angeblich „gerechten“ Regelung den Gemeindefrieden wahren, wurde argumentiert. Ein Witz! Die Anlieger der beiden Straßen, denen Kostenbefreiung versprochen worden war, müssen bis auf weiteres damit rechnen, zur Kasse gebeten zu werden. … Schon irre – dieser Straßenkampf des Bürgermeisters.

 

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