In der konstituierenden Sitzung am 12. Mai haben wir GRÜNE eine Neuregelung des Akteneinsichtsrechts für Gemeinderatsmitglieder beantragt. Die Neuformulierung in §3 (4) der Geschäftsordnung sollte lauten: „Die Gemeinderatsmitglieder erhalten zur Wahrnehmung ihres Amtes und zur Überwachung der Gemeindeverwaltung das Recht auf Akteneinsicht, sofern Gründe der Geheimhaltung nicht entgegenstehen.“ Dies wurde seinerzeit mit einer deutlichen Mehrheit (13:8 Stimmen) beschlossen.
Das Akteneinsichtsrecht für Gemeinderatsmitglieder bezog sich bislang ausschließlich auf „entscheidungsrelevante Unterlagen“ zur aktuellen Tagesordnung. Wir hielten es jedoch für sinnvoll und sachgerecht, Unterlagen einsehen zu können unabhängig von der Tagesordnung der unmittelbar bevorstehenden Sitzung und unabhängig davon, ob in der Tagesordnung eine Entscheidung vorgesehen ist oder nicht.
Ein entsprechendes Einsichtsrecht gibt es bereits in anderen bayerischen Gemeinden und ist nach Ansicht von Innenminister Herrmann, der sich 2015 zu einer Anfrage von MdL Jürgen Mistol in Sachen Akteneinsichtsrecht schriftlich äußerte, rechtlich zulässig. Minister Herrmann führte seinerzeit dazu aus, dass es dem Gemeinderat frei stehe, im Rahmen seiner Geschäftsordnung individuelle Auskunfts- und/oder Einsichtsnahmerechte auch für einzelne Gemeinderatsmitglieder zu begründen. Auskunft und Einsicht könne nur unmittelbar zur Wahrnehmung des Amtes und zur Überwachung der Gemeindeverwaltung verlangt werden. Wenn die Geschäftsordnung dem einzelnen Gemeinderatsmitglied einen entsprechenden individuellen Anspruch einräume, könne auch das Gemeinderatsmitglied allein Akteneinsicht bzw. Auskunft verlangen.
Bürgermeister Straßmair sieht das anders. Er wandte sich an die Kommunalaufsicht im Landratsamt, die die Neuregelung dann tatsächlich als rechtswidrig einschätzte. Ein allumfassendes Akteneinsichtsrecht – das definitiv nicht beantragt und nicht beschlossen wurde! – zur Wahrnehmung der Aufgaben und zur Überwachung der Gemeindeverwaltung durch die Gemeinderatsmitglieder unabhängig von der Vorbereitung der Sitzung sei unzulässig, hieß es in der Stellungnahme. Dies führte dazu, dass in der Gemeinderatssitzung im Juli mit 11:10 Stimmen die Neuregelung wieder aufgehoben wurde. Es sollte alles beim Alten bleiben.
Wir wandten uns daraufhin in der Sommerpause noch einmal direkt an die Rechtsaufsicht und baten um eine Überprüfung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Innenministeriums und angesichts der in anderen bayerischen Städten und Gemeinden anscheinend rechtskonformen Praxis eines allgemeinen Akteneinsichtsrechts für Gemeinderatsmitglieder – ohne Erfolg. Die Rechtsaufsicht blieb bei ihrer ablehnenden Haltung.
Das ist schwer zu verstehen und kaum zu akzeptieren. Wir prüfen nun, ob und auf welchem Wege wir in dieser Sache weiterkommen können. Denn das geforderte Akteneinsichtsrecht soll ja nicht aus persönlicher Neugierde in Anspruch genommen werden, sondern dient einem berechtigten Interesse, ausschließlich der sachgerechten Aufgabenerfüllung von Gemeinderät*innen. Diese vertreten die Gemeindebürger*innen und werden zu Beginn ihrer Amtszeit vereidigt, sie schwören Gesetzen gehorsam zu sein und ihre Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen. Jede Gemeinderätin, jeder Gemeinderat weiß, dass Gründe der Geheimhaltung – selbstverständlich – zu beachten sind und im Einzelfall ein Hinderungsgrund für die Akteneinsicht darstellen können. Vor diesem Hintergrund sind die Restriktionen beim Zugang zu relevanten Informationen für Gemeinderatsmitglieder nicht nachvollziehbar? Im Jahre 2020 scheint es unangemessen, wenn Verwaltungen sich immer noch als Hüterinnen von Herrschaftswissen gerieren. Für sie sollte größtmögliche Transparenz wichtig und Begegnung auf Augenhöhe mit Bürger*innen und deren Vertreter*innen selbstverständlich sein.
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