Rechtsextremismus – ein gesamtgesellschaftliches Problem in Bayern

Diskussionsabend mit der GRÜNEN Landtagsabgeordneten Katharina Schulze

Bei ihrem Besuch am 15. Februar 2016 in Hohenbrunn machte Katharina Schulze, innenpolitische Sprecherin und stellv. Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN im Bayerischen Landtag klar, dass im Kampf gegen Rassismus und Neonazis in Bayern einiges schief läuft. Sie stützt sich dabei auf Polizeistatistiken und Angaben des bayerischen Innenministeriums sowie die sog. Mitte-Studie der Universität Leipzig.

Diese Studie erfasst auf Basis repräsentativer Befragungen seit 2002 im 2-Jahres-Rhythmus rechtsextreme Einstellungen, ihre Verbreitung und Ausprägungen in den einzelnen Bundesländern. Rechtsextremismus zeigt sich grundsätzlich in Einstellungen, deren verbindendes Kennzeichen die Vorstellung von Ungleichwertigkeit ist. Rechtsextreme Einstellungen äußern sich nach der Mitte-Studie z.B. in der Akzeptanz rechtsautoritärer Diktatur, im Stellenwert der eigenen Nationalität (Chauvinismus), in Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus, in der Vorstellungen, wie in der Natur sollte sich auch in der Gesellschaft der Stärkere durchsetzen (Sozialdarwinismus), bzw.  in der Verharmlosung des Nationalsozialismus.

Ergebnisse der Leipziger Forschungsarbeit zeigen, dass Rechtsextremismus keineswegs als Verirrung einer radikalen Minderheit am Rande der Gesellschaft zu verstehen ist, rechtsextreme Einstellungen und Alltagsrassismus finden sich in der „Mitte“ der Gesellschaft. Bayern nimmt dabei einen unrühmlichen Spitzenplatz unter den Bundesländern ein: Jeder Dritte (33,1%) stimmt ausländerfeindlichen Aussagen zu (Bayern wird nur noch von Sachsen-Anhalt getoppt – dort sind es 42,2%), jeder Achte (12,6%) teilt antisemitische Einstellungen (in keinem anderen Bundesland zeigt sich mehr Antisemitismus) und jeder Vierte findet chauvinistische Aussagen gut, wie „das oberste Ziel deutscher Politik sollte es sein, Deutschland die Macht und Geltung zu verschaffen, die ihm zusteht“.

Die rechte Szene hat deutlichen Zulauf, sie tritt zunehmend selbstbewusst und gewalttätig auf. In 2015 gab es allein in Bayern 68 Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte (nach 2 in 2012, 13 in 2013, 25 in 2014). Es kam in 2015 zu 730 politisch motivierten Straftaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund, in 2014 waren es 481. Rechtsextrem motivierte Gewalttaten, bei denen Personen verletzt wurden, haben in 2015 um 40% zugenommen. Hasskriminalität im Internet (Einschüchterung und Bedrohung) ist Alltag. Die Dunkelziffer rechter Straf- und Gewalttaten dürfte bei allen Delikten erheblich sein, die Aufklärungsquote ist völlig unbefriedigend niedrig.

Die Landesregierung hat rechtsextreme Strukturen und rechtsterroristische Vorfälle viel zu lange verharmlost und klein geredet. Während die Bundesregierung z.B. 2013 von bundesweit 260 sog. „Neonazi-Immobilien“ berichtet, wollte das Bayerische Innenministerium lediglich 2 von neonazistischen Gruppen genutzte Gebäude bestätigen – das ist absurd, es sind wesentlich mehr Treffpunkte und Versammlungsstätten der rechten Szene in Bayern bekannt. Der Polizeiapparat wurde klein gespart, jetzt sind die notwendigen Kapazitäten nicht vorhanden. Stellenaufbau und Geld allein hilft nicht, die personellen Ressourcen können nur über Jahre entwickelt werden.

Die rechte Szene hat deutlichen Zulauf, ihre Gewaltbereitschaft wächst, es wird nicht nur verbal aufgerüstet, es gibt menschenverachtende Attacken, Flüchtlingsheime brennen. Das Gespräch mit Katha Schulze und die Diskussionsbeiträge machen deutlich: Demokratie ist nicht erst dann in Gefahr, wenn Gewalttaten öffentliches Aufsehen erregen. Die Gefährdung beginnt, wenn rechtsradikale Einstellungen „gesellschaftsfähig“ werden. Rassismus beginnt im Kopf. Wir wollen uns deshalb konsequent und geschlossen und möglichst parteiübergreifend dieser Bedrohung entgegen stellen. Wir sollten irrationale Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Chauvinismus beim Namen nennen und dürfen Rechtsextremismus keinen Raum lassen.

 

Verwandte Artikel