Thema unserer monatlichen GRÜNEN STUNDE war im Mai das Totalherbizid Glyphosat. Georg Bauer, langjähriges Vorstandsmitglied der GRÜNEN in Hohenbrunn, eröffnete das Treffen mit einem kurzen Impulsreferat – daraus einige Fakten:
Was ist und wie wirkt Glyphosat? Der Wirkstoff Glyphosat wurde 1950 als Bindemittel für Metalle und Minerale (Rohrreiniger) synthetisiert, und ist seit 1974 als Totalherbizid unter dem Namen Roundup von Monsanto auf dem Markt. In Deutschland sind derzeit ca. 105 verschiedene glyphosathaltige Herbizide zugelassen. Aktuell (Zahlen von 2014) werden in Deutschland ca. 5400 t glyphosathaltige Herbizide ausgebracht, weltweit sind es rund eine Million Tonnen. Glyphosat wirkt innerhalb von 2-3 Tagen auf alle grünen Pflanzenteile und tötet auch die Wurzeln ab. Lediglich genetisch veränderte Pflanzen (Soja, Mais, Raps, Baumwolle) können eine Glyphosat-Anwendung überleben. Nach Angaben der Hersteller kann nach ca. 2 Wochen neu angesät werden. Glyphosat bzw. sein nicht weniger giftiges Abbauprodukt AMPA (Aminomethylphosphonsäure) kann allerdings bis zu 2 Jahre im Boden und bis zu einem Jahr in Futter- bzw. Lebensmitteln nachgewiesen werden. Diese Restbestände können weder abgewaschen, noch durch Erhitzen oder Einfrieren zerstört werden.
Wozu wird Glyphosat eingesetzt? Glyphosat wird hauptsächlich zur Vernichtung von Beikräutern (Unkräutern) eingesetzt und in der Landwirtschaft, privaten Gärten, kommunalen Anlagen (Wege) sowie den Gleisbereiche der Bahn angewendet.
Welche Nebenwirkungen hat Glyphosat – wem schadet Glyphosat? Mit den Unkräutern (etwa Quecke, Beinwell, Ackerwinde, Ampfer, Distel) werden durch die Anwendnung von Glyphosat sämtliche Ackerwildkräuter vernichtet, auch solche, die für die Produktion von Feldfrüchten wenig problematisch sind. Damit fehlen dann aber Nahrung und Lebensraum für wichtige Bestäuberinsekten und andere Kleintiere und in der Folge finden auch viele Vögel zu wenig oder keine Nahrung mehr.Durch die häufige Anwendung von Glyphosat bilden sich resistente Unkräuter, sog. Superweeds. Superweeds sind dafür verantwortlich, dass in USA ca. 25 Mio. ha Ackerland nicht mehr für den Ackerbau brauchbar sind. Weltweit sind derzeit 45 multiresistente Arten bekannt.Ganz wesentlich und bedenklich sind aber auch die Auswirkungen auf Menschen, vor allem auf die in der Landwirtschaft Tätigen. Glyphosat gelangt nachweislich in den menschlichen Organismus und geht mit schweren Krankheiten (z.B. Diabetes, chronische Nierenerkrankungen) einher. Die IARC (Internationale Agentur für Krebsforschung) hat Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft.
Gibt es Alternativen zu Glyphosat? Im landwirtschaftlichen Bereich bieten sich mechanische Methoden zur Unkrautbekämpfung als Alternative an, häufigeres Pflügen, Hacken, Eggen. Allerdings sind diese Methoden nicht nur arbeitsintensiv und damit teuer, sondern bergen auch eigene Risiken, wie die Erosion der Böden in Hanglagen. Auch kann damit nicht jedes Unkraut bekämpft werden, wie etwa die bei uns verbreitete Quecke. Die Quecke wächst nach einer Behandlung mit der Scheibenegge tatsächlich noch intensiver. Aus dem ökologischen Landbau stehen alternative Spritzmittel wie Essigsäure oder Pelargonsäure (Nonansäure) zur Verfügung. Diese Mittel sind allerdings um ein Vielfaches teurer als Totalherbizide wie Glyphosat und weniger wirkungsvoll, sodass mit Ertragseinbußen zu rechnen ist.
Wird Glyphosat weltweit angewandt? Nein! Es gibt bereits einige Länder (El Salvador, Bermudas und Sri Lanka), in denen die Anwendung von Glyphosat komplett verboten ist. Weitere Länder (Italien, Niederlande, Frankreich, Brasilien) bereiten ein Verbot vor, das die Anwendung auf öffentlichen Liegenschaften und im privaten Bereich betrifft. Auch in Deutschland gibt es bereits eine Reihe von Gemeinden und einige Landkreise (z.B. Miesbach, Neuburg-Schrobenhausen, Dachau, Dresden), die auf den eigenen Liegenschaften auf Glyphosat verzichten.
Wird Glyphosat in Hohenbrunn angewandt? Die fünf an unserer Diskussion teilnehmenden Landwirte aus Hohenbrunn gaben an, dass auch in Hohenbrunn glyphosathaltige Herbizide eingesetzt werden (z.B. gegen die Quecke). Allerdings erfolge eine sehr maßvolle Anwendung je nach Bedarf, d.h. nur alle 5 Jahre, ganz selten alle 3 Jahre. Die Hohenbrunner Bauern berichteten weiter, das Herbizid nicht flächendeckend auszubringen, sondern es auf einzelne Bereiche zu beschränken, wenn der Unkrautbewuchs die Ernte massiv gefährde.
Was ist zu tun?
Allein die Auswirkungen auf Insekten bzw. Kleintiere und Vögel sind Grund genug, die Anwendung von glyphosathaltigen Herbiziden zu verbieten. Hinzu kommen die Auswirkungen auf Menschen, Landwirte, die mit diesem Gift hantieren, aber auch für Anlieger die durch Abdrift betroffen sind. Diese sind ebenso offensichtlich und erheblich. Einige Hohenbrunner Landwirte haben in unserer GRÜNEN STUNDE von jahrzehntelanger Erfahrung mit „Spritzmitteln“ früherer Generationen erzählt, von wochenlang andauernd gelb gefärbten Händen bis zu erheblichen Vergiftungssymptomen. Heute verwenden sie (u.a.) Glyphosat. Sie sind sich der Gefährlichkeit des Totalherbizids durchaus bewusst, verweisen aber auf Ertragseinbußen und Wettbewerbsnachteile, die ohne Glyphosat drohten, und darauf, dass sie den gesetzlichen Rahmen ja beachten und einhalten. Eine freiwillige Selbstbeschränkung ist nicht zu erwarten. Deshalb muss es ein Verbot von Glyphosat geben.
Auch wenn ein europaweites Verbot im vergangenen Jahr – nach einem Alleingang des Agrarministers Christian Schmidt (CSU) bei der Glyphosat-Entscheidung in Brüssel – nicht erlassen wurde, so wird es in den nächsten Jahren doch (weitere) Einschränkungen und vielleicht auch ein Verbot des Herbizids geben. Doch machen wir uns nichts vor: so wie der Name Monsanto verschwindet, wird es in absehbarer Zeit kein Glyphosat mehr geben, das Problem der Superherbizide sind wir aber noch lange nicht los. Bereits heute ist ein Nachfolgeprodukt, Dicamba, auf dem Markt, zur Unkrautbekämpfung, wo Glyphosat nicht mehr wirkt.
Es führt deshalb kein Weg an einer grundlegenden Agrarwende vorbei. Verzicht auf bzw. Verbot von Giften wie Glyphosat ist mit Minderertrag und höheren Aufwendungen für die Landwirte verbunden, die durch höhere Preise ausgeglichen werden müssen. Wir Verbraucher sollten akzeptieren, dass gute und sauber produzierte Lebensmittel mehr kosten, als wir es heute aus dem Supermarkteinkauf gewohnt sind. Ein „Weiter so“ mit der Vernichtung eines Großteils unserer wichtigen Bestäuberinsekten käme für uns alle ohnehin noch viel teurer!
Jeder kann übrigens jetzt schon damit beginnen, den Verbrauch von Glyphosat zu mindern: Durch den Kauf von Lebensmitteln aus ökologischem Landbau sagen Sie bewusst NEIN! zu Glyphosat. Und verzichten wir doch bewusst auf den Einsatz im privaten Bereich und in der Kommune. Ggf. müssen in Gemeinden und Landkreisen entsprechende Beschlüsse herbeigeführt werden.
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