Gemeinderat setzt sich über Bürgervotum hinweg
Über die zunehmende Verkehrsbelastung in Riemerling West wird seit Jahren diskutiert. Besondere Nahrung erhielt die Debatte, als die Robert-Bosch-Straße vom Kreisel an der Rosenheimer Landstraße durch den Wald ins Gewerbegebiet gebaut wurde. Damals wurde den Bürgern versprochen, dass diese zweite Erschließung des riemerlinger Gewerbegebiets die Möglichkeit bieten würde, das Wohngebiet verkehrlich vom Gewerbegebiet zu trennen. Eine zeitweilig eingerichtete Barriere an der Einmündung der Robert-Bosch-Straße in die Forststraße wurde jedoch bald wieder aufgehoben.
Die Agenda 21 hatte nun anhand der Zahlen aus einer gemeindlichen Verkehrszählung das Konzept entwickelt, versuchsweise nochmal Sperren an der Robert-Bosch-Straße und der Prinz-Alfons-Straße aufzustellen und anschließend die Verkehrszählung zu wiederholen. Auf dieser Basis sollte dann eine endgültige Entscheidung über die Verkehrsführung getroffen werden. Im Gemeinderat entstand die Idee, vor dieser Versuchssperrung eine Bürgerversammlung des Ortsteils einzuberufen und ein Votum der Bürger einzuholen.
Die Bürger bereits in die Entscheidung über den Versuch einzubinden hielten wir von der Gemeinderatsfraktion für keine gute Idee, weil dabei nur wieder die bekannten Spekulationen aufeinander treffen mussten. Besser hätten wir es gefunden, durch den Versuch eine solide Zahlenbasis zu schaffen, dann anhand der Fakten mit den Bürgern zu diskutieren und danach zu entscheiden.
Die Gemeinderatsmehrheit wollte es anders, und so haben wir nun am 23. Juni 2010 ein eindeutiges Votum der Bürgerversammlung für eine versuchsweise Sperrung erhalten und am 24. Juni 2010 hat eine knappe Gemeinderatsmehrheit gegen den Versuch und damit bis auf Weiteres auch gegen eine Änderung der Verkehrsführung entschieden. Vor allem Ingrid Kaps (CSU), Michael Dissing (ÜWG/FW) und Jimmy Schulz (FDP) sprachen sich gegen den von den Bürgern gewünschten Versuch aus und gaben vor, bereits zu wissen, was der Versuch erst ermitteln sollte: ob sich der Verkehr durch die Sperrung in andere Wohnstraßen verlagert. So stimmten dann auch ÜWG, FDP und große Teile der CSU gegen den Sperrversuch und überstimmten so die Grünen, die SPD, den Rest der CSU-Mitglieder und den Bürgermeister.
Die Bürger herbeizurufen, so zu tun, als würden wir ihr Votum wichtig nehmen und ihnen dann eine Nase zu drehen und anders zu entscheiden, ist der eine Skandal. Der zweite Skandal ist, dass die Sache nun ohne Vergleichsmessung einfach ad acta gelegt wird, nach dem Motto „Was interessieren uns Fakten, wir haben schon eine Meinung“.
Wer zuerst nach einem Bürgervotum ruft, es dann aber ignoriert, weil nicht das erwünschte Ergebnis herausgekommen ist, stellt nicht nur sich selbst bloß, sondern fördert auch die allgemeine Demokratieverdrossenheit nach dem Motto: „Die da droben machen doch eh, was sie wollen.“
Die Agenda 21 hat ihen Unmut in einem Offenen Brief an den Gemeinderat kundgetan und es ist abzusehen, dass sich die Bürger von Riemerling mit der nun geschaffenen Situation nicht zufriedengeben werden.
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