Die letzte Gemeinderatssitzung in diesem Jahr mit nur zwei TOPs:
Verabschiedung des Haushaltsplans 2021 und Mittelfristige Finanzplanung bis 2024
Schon im Vorfeld der Sitzung hatte die Berichterstatterin schriftlich einen Antrag zur Tagesordnung angekündigt. Diskussion und Beschluss zur Finanzplanung sollten vor der Behandlung des Verwaltungshaushalts und Vermögenshaushalts bzw. dem umfassenden Haushaltsbeschluss erfolgen. Die Verwaltung hatte die Punkte in umgekehrter Reihenfolge auf die Tagesordnung gesetzt.
Der Finanzplan mit zugrunde liegendem Investitionsprogramm gilt zwar „nur“ als Anlage zum jährlichen Haushaltsplan. Daraus ist allerdings nicht der Schluss zu ziehen, dass dem Finanzplan eine gänzlich untergeordnete Bedeutung zukommt. Im Gegenteil. Er ist die Grundlage der Haushaltswirtschaft und nicht nur zeitlich längerfristig, sondern strategisch ausgerichtet. Wer Planung ernst nimmt, muss sich zunächst mit dem Investitionsprogramm für die nächsten Jahre und den Finanzierungspotenzialen auseinandersetzen, bevor die Anforderungen und Möglichkeiten für die Jahresplanung abzuleiten sind.
Dem Wunsch nach Umstellung der Tagesordnung entsprach der Bürgermeister ohne Abstimmung.
Fraktionssprecherin Martina Kreder-Strugalla ging in ihrer Stellungnahme zum Haushalt dann auch ausführlich auf die vorliegende mittelfristige Finanzplanung ein und machte gleich zu Beginn ihrer Ausführungen klar, dass sie diesem Finanzplan nicht zustimmen werde.
Das Investitionsprogramm der Gemeinde ist außerordentlich umfangreich und dennoch unvollständig. So sind mehrjährige Großprojekte wie Sportcampus und Mittagsbetreuung, Rathaussanierung und gemeindlicher Wohnungsbau „Am Hölzl“ aufgeführt, der Plan sieht Grundstückskäufe westlich der Bahn und ab 2023 Wohnungskäufe an der Putzbrunnerstraße (fixe SoBoN-Vereinbarung) vor, Hohenbrunn muss sich weiter an den Investitionen der Schulzweckverbänden beteiligen, und im Plan stehen der Kreisverkehr zur Erschließung des neuen Supermarktes und weitere Straßenbauinvestitionen, der barrierefreie Ausbau des Bahnhofs jährlich 6-stellige Investitionsbeträge für die Wasserversorgung und die Ausrüstung der Feuerwehr wird laufend erneuert bzw. verbessert. Diese Vorhaben summieren sich auf über 34 Mio€ in den kommenden 4 Jahren.
Und dennoch fehlen zugleich wichtige Projekte: Das Dauerthema Ortsumfahrung/Verkehrsentlastung Dorf (2019 noch in der Finanzplanung enthalten) wird für die nächsten vier Jahre ebenso wenig adressiert wie Investitionen, die im Falle eines Realschulbaus in Hohenbrunn auf die Gemeinde zukommen können (z.B. für ein Verkehrs- und Erschließungskonzept) – um nur zwei wichtige Beispiele zu nennen. Das verwundert zunächst nicht, denn bereits das in der Finanzplanung explizit dargestellte Investitionsprogramm wird die Gemeinde an ihre finanziellen Grenzen und womöglich in ganz schwierige Haushaltssituationen führen. Um so dringlicher , wäre eine eingehende Diskussion darüber, was unabdingbar notwendig ist, über Schwerpunkte und zeitliche Priorisierung und auch über Projektideen, von denen wir uns verabschieden müssen – sie wurde und wird nicht geführt. Man will alles und alles gleichzeitig. Mir kommt das vor wie ein Förderband mit einer Menge Wunschpakete darauf. Mal fallen einzelne Packerl einfach runter – und wir merken es gar nicht gleich. Mal steht einer da und nimmt, um sein Packerl weiter zu bringen, schnell irgendein anderes weg. Andere Pakete müssten dringend speditiert werden, aber sie werden einfach nicht aufs Förderband draufgelegt. So sollte unsere Zukunftsplanung nicht aussehen.
Im vergangenen Jahr hat der Gemeinderat nach zähen Verhandlungen einer SoBoN-Vereinbarung zugestimmt, um im Rahmen der Wohnbebauung an der Putzbrunner Straße zumindest in einem gewissen Umfang bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Hohenbrunn hat ein Vorkaufsrecht (bei bereits fixen Preisen) für eine bestimmte Wohnungszahl. Ein Jahr später wird vom Bürgermeister schon ein Fragezeichen gesetzt. „Schau’n mer mal, was wir uns von den Wohnungen dann noch leisten können …“ Gleichzeitig besteht er darauf, dass mindestens 800.000€ für Grundstückskäufe westlich der Bahn berücksichtigt werden – ins Blaue hinein.
Die Einnahmen/Finanzierungsmöglichkeiten im Investitionshaushalt sind begrenzt und sie schmelzen dahin wie der Schnee in der Märzsonne. Unsere Rücklagen von aktuell rd. 14,5 Mio€ werden in den nächsten 4 Jahren weitestgehend abgebaut und bis einschließlich 2023 soll der größte Teil noch verfügbarer Gewerbeflächen zu Geld gemacht werden, während unsere Schulden steil ansteigen. Bis Ende kommenden Jahres prognostiziert die Kämmerei nach geplanter Darlehensaufnahme einen Schuldenstand von 12 Mio€, das sind mehr als 1300 € pro Kopf. Rechnet man die Verpflichtungen außerhalb des Haushalts (Darlehen für die Finanzierung des Gemeindeanteils an Schulbauten) hinzu, verdoppelt sich der Betrag auf rund 25 Mio bzw. über 2.800 € pro Kopf.
Währenddessen verringern sich auch noch die Chancen, in den kommenden Jahren einen erheblichen Betrag aus dem Verwaltungshaushalt für Investitionen zu erwirtschaften: der Gewerbesteuerausfall in diesem Jahr (14%) wird durch Ausgleichszahlungen wettgemacht. Aber wie hoch wird er als Folge der Pandemie in 2021 ausfallen? Kann man erneut mit finanziellen Ausgleichszahlungen rechnen? 2022 wird das Hallenbad fertiggestellt, dann werden die wesentlich höheren Betriebskosten im Verwaltungshaushalt Spuren hinterlassen. Für 2021 werden Straßeninstandhaltungsarbeiten auf nur noch 150.000€ heruntergefahren, und auch wenn wir GRÜNE uns stets dagegen aussprechen, zuviel Geld in Straßen und Luxussanierungen zu versenken, die Einsparungen bei der Straßeninstandhaltung werden uns schnell einholen und den Verwaltungshaushalt schwer belasten.
Martina Kreder-Strugalla warnte, dass diese Entwicklung alles andere als nachhaltig, alles andere als „enkeltauglich“ sei. Sie richtete den Appell an das Gremium, endlich der Herausforderung einer zukunftsfesten Investitions- und Finanzierungsplanung gerecht zu werden. Sie unterstrich, dass sie für die Mängel nicht die Kämmerei kritisieren wolle und könne. Vielmehr sei es nicht angemessen, wenn aus den Fraktionen Anmerkungen kommen wie „es ist doch eigentlich egal, weil ohnehin ungewiss, wie wir die Ansätze in der Finanzplanung wählen“ oder so schlichte Hinweise wie „ich habe keine Glaskugel“. Das sei die Kapitulation vor Planungsaufgabe, einer Kernaufgabe des Gemeinderats.
Während die Fraktion ÜWG-Bürgerforum in Ihrer Einschätzung der Haushaltslage Kreder-Strugallas Ausführungen unterstreicht, können CSU und SPD mit der vorgelegten Planung gut leben – ebenso drei der fünf GRÜNEN Gemeinderät*innen. Anke Lunemann gab für diese Gruppe folgende Erklärung ab:
Wir haben die mittelfristige Finanzplanung in der Fraktion kontrovers diskutiert. Frau Möschel, Herr Kersten und ich sind schließlich zu der Haltung gelangt dieser zuzustimmen.
Uns dreien fehlt die Erfahrung, wie mit mittelfristigen Finanzplanungen im Gemeinderat und im Rathaus umgegangen wird und wollen daher zunächst einen Vertrauensvorschuss [gegenüber der Verwaltung, Anmerk. d. Verf.] signalisieren.
Die mittelfristige Finanzplanung kann natürlich wie ein Märchenbuch gesehen werden, das bestenfalls einen Blick in die Glaskugel wiedergibt und für den Rest des Jahres in die Schublade gesteckt wird, um sich im nächsten Haushalt wieder neu zu erfinden. So betrachtet ist es nahezu egal, was darinsteht – Hauptsache die Zahlen wiegen sich einigermaßen gegeneinander auf.
Die Unternehmer*innen unter uns wissen, dass die mittelfristige Finanzplanung ein unabdingbares Steuerungs- und Planungsinstrument ist, das keinesfalls in der Schublade landet, sondern im Gegenteil immer die Basis von Entscheidungen darstellt.
Wir sind ganz bei Frau Marx, die in ihrem Vorbericht schreibt, dass Finanzplanungsdaten niemals statisch zu betrachten sind, sondern Teil eines sich laufend verändernden Prozesses sind, den es regelmäßig anzupassen gilt.
Es ist unser Wunsch, die Zukunft regelmäßig in unsere Debatten einzubeziehen und als Richtschnur bei Entscheidungsfindungsprozessen zu sehen. Denn es ist die Zukunft unserer Enkelkinder!
Die mittelfristige Finanzplanung lehnten Wolfgang Schmidhuber und Martina Kreder-Strugalla ab, sie wurde bei 7 Gegenstimmen beschlossen.
Die Debatte zur Jahresplanung im Verwaltungs- und Vermögenshaushalt für 2021 verlief weniger kontrovers. Bei den Ausgaben im Verwaltungshaushalt muss deutlich eingespart werden, da eine zwar vorhersehbare und einmalige, aber schmerzliche hohe Sonderausgabe (zusätzlich 1,5 Mio€ Kreisumlage) zu verkraften ist. Man konnte erstaunt sein, wieviel „Luft“ an vielen Stellen des Haushalts doch vorhanden ist. Die Mindestzuführung an den Vermögenshaushalt (der für die Bedienung der Kredite notwendige Jahresbetrag) konnte mit Müh und Not dargestellt werden. Der Vermögenshaushalt 2021 ist vor allem durch die mehrjährigen Bauprojekte mit hohen Ausgaben vorgeprägt und soll neben Fördermitteln durch Darlehensaufnahmen, Grundstücksverkäufe und eine Rücklagenentnahme von fast 6,7 Mio€ finanziert werden. Die Jahrespläne wurden – seitens der Berichterstatterin nolens volens – einstimmig abgesegnet.
Martina Kreder-Strugalla
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