Am Dienstag, den 04. Februar hatten wir Jürgen Mistol, den wohnungspolitische Sprecher der GRÜNEN Landtagsfraktion, zu Gast. Er referierte zum Thema Wohnraum schaffen – flächensparend, ökologisch, menschenfreundlich und stellte sich den Fragen eines interessierten Publikums.
Mistols Einstieg in das Thema: Wohnen ist ein Grundbedürfnis und kein Luxus. Unsere Wohnung ist Zentrum unseres Lebens und Ausdruck der Individualität. Wohnung ist der Ort, der uns und unserer Familie Sicherheit gibt, wo wir viel Lebenszeit verbringen und bis ins hohe Alter hinein selbstbestimmt leben wollen. Und Wohnen ist ein Menschenrecht. Art. 106 der Bayerischen Verfassung sagt, „eder Bewohner Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung“ und legt weiter fest, dass die Förderung bezahlbaren Wohnraums auch Aufgabe der Kommunen ist. Wörtlich heißt es: „Die Förderung des Baues billiger Volkswohnungen ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden“.
Wir müssen allerdings feststellen, soziales Bauen stagniert und nachhaltiger Wohnraum ist Mangelware. 2016 bis 2019 sollten im Rahmen des sog. Wohnungspakts Bayern bis zu 28.000, also jährlich 7.000 neue, staatlich finanzierte oder geförderte Mietwohnungen entstehen. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Auch die aktuelle Wohnraumförderung der Bayerischen Staatsregierung wird, so Mistol, den Druck auf dem Mietwohungsmarkt kaum verringern. Mit der Gründung der BayernHeim wurde das Ziel ausgegeben „10.000 neue Wohnungen bis 2025“. Das ist bei weitem kein Ausgleich für den Verkauf von deutlich über 30.000 Wohnungen im Zuge der GBW-Privatisierung. Kritisch anzumerken ist außerdem, dass BayernHeim als Konkurrent zu den bisherigen gemeinwohlorientierten Wohnbauakteuren im Markt ist. Das schafft Gerangel um für gemeinwohlorientiertes Bauen verfügbare Flächen, aber nicht mehr Wohnungen. Baukindergeld und Eigenheimzulage setzen keine sinnvollen Anreize, die Subventionierung von Eigenwohnraum geht am Bedarf vorbei. Nur 15% der Fördermittel gingen bisher in den Neubau, 85% in Bestandserwerb, während die Landesmittel für Mietwohungsbau auf niedrigem Niveau stagnieren. Helfen würde eine verbindliche, dauerhafte Sozialbindung für geförderte Wohnungen, dazu fehlt anscheinend der Mut und der Wille.
Die Bayerischen GRÜNEN fordern deshalb eine wirklich sozial verträgliche, integrative und nachhaltige Wohnungs- und Siedlungsentwicklung – und die braucht politische Gestaltung und einen großen Instrumentenkasten.
Vorfahrt für den sozialen Wohnungsbau: Es müssen viel mehr neue, öffentlich geförderte Wohnungen gebaut werden, die GRÜNE Zielvorstellung liegt bei 50.000 Wohnungen. Es sollen eine Milliarde Euro jährlich für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden. Staatliche Wohnraumförderung darf allerdings keine Wirtschaftsförderung mit „sozialer Zwischennutzung“ sein, d.h. die Dauer von Sozialbindungen muss auf 40 Jahre ausgedehnt werden und es muss eine Verlängerung von Sozialbindung und die Schaffung von Sozialbindungen im Bestand geben. Wir müssen Studierendenwohnraum schaffen. Und wir müssen energetische Modernisierung und barrierefreien Umbau so fördern, dass Mieten nach entsprechenden Maßnahmen erschwinglich bleiben.
Stärkung gemeinschaftlicher und genossenschaftlicher Wohnformen: Es sollen Landesliegenschaften für alternative Wohnformen bereitgestellt werden. Da der Erwerb von Wohneigentum für viele nicht (mehr) realisierbar ist, wird vorgeschlagen, den Ankauf von Genossenschaftsanteilen zu fördern. Ganz generell können genossenschaftliche Wohnformen dadurch unterstützt werden, dass es Fördermittel für Gründungsgutachten von Genossenschaften gibt, eine landesweite Beratung für gemeinschaftliches Wohnen aufgebaut wird und Wohnungsbauprämie und Arbeitnehmersparzulage weiterentwickelt und auch für genossenschaftliche Wohnformen verwendet werden können.
Mobilisierung von Bauland und dennoch Flächen sparen: Die Innenentwicklung muss Vorrang haben vor einer Außenentwicklung. Dies ist inzwischen auch eine Forderung der CSU und der von ihr getragenen Bayerischen Staatsregierung – sie ist allerdings noch nicht in jedem Dorf angekommen. Landtagspräsidentin Ilse Aigner meinte bei Ihrem Wahlkampfauftritt am 03.02. im ALTEN WIRT, auf einen Supermarkt solle man nicht nur ein Flachdach setzen, sondern müsse auch einen ersten Stock bauen und die Autos gehörten darunter, in eine Tiefgarag. Sie hätte früher nach Hohenbrunn kommen sollen! Nachverdichtung innerorts ist gut, wenn sie mit Augenmaß und intelligent erfolgt. Brachflächen müssen ebenso genutzt werden wie die Möglichkeiten vertikaler Nachverdichtung (Dachaufstockungen). Öffentlicher Grund soll vorrangig in Erbbaurecht vergeben werden; wenn ein Verkauf dennoch ins Auge gefasst wird, sollte nicht der Höchstpreis, sondern das beste Konzept entscheiden. Gemeinden müssen sozialgerechte Bodennutzzung verbindlich absichern – am besten durch eine SoBon-Richtlinie, das schafft auch Klarheit und Transparenz für Bauinteressenten.
Wohnraum schaffen, ist dringend notwendig. Ortschaften, Quartiere und Innenstädte zu lebenswerten Orten für alle zu machen, ist eine weitere Herausforderung – und eine Frage der Gerechtigkeit und der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Das machte Jürgen Mistol sehr deutlich. Dazu müssen vielfältige und lebendige Innenstädte und Ortsmitten erhalten werden, Räume und Einrichtungen geschaffen werden, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern, Mobilität auch ohne Auto ermöglicht und Glasfaseranschluss in jedem Haus und verlässliche Nah- und Gesundheitsversorgung gesichert werden..
Eine wirklich nachachhaltige, ökologisch vertretbare Siedlungsentwicklung bedeutet aktiven Klimaschutz in Gebäuden und Quartieren voranzubringen und heute schon Klimafolgen in Siedlungsgebieten planerisch mitzudenken. Notwendig sind dazu Grün auf Dächern und an Fassaden, vernetzte öffentliche Grünflächen und Freiräume, die möglich werden, wenn kompakt, d.h. auch dichter und höher, also flächensparend gebaut wird.
Die Situation in Hohenbrunn ist – wie im Landesdurchschnitt – nicht zufriedenstellend, auch wenn mit Fertigstellung des gemeindlichen Wohnbaus „am Hölzl“ Ende dieses Jahres 25 zusätzliche Wohnungen mit erschwinglichen Mieten zur Verfügung stehen werden. In Hohenbrun dominieren Einfamilien- und Doppelhäuser das Bild, es gibt kaum Geschoßwohnungen. Der Bestand gemeindlicher Wohnungen ist und bleibt gemessen an der Größe unserer Gemeinde mehr als bescheiden. Er wird zu einem großen Teil Mitarbeiter*innen zur Verfügung gestellt, die ohne ein günstiges Wohnungsangebot nicht gewonnen bzw. nicht lange in der Gemeinde gehalten werden könnten. Aktuell gehören der Gemeinde 44 Wohnungen, 20 sog. Werkmietwohnungen werden ausschließlich an Mitarbeiter vergeben, 24 weitere Wohnungen sind zum Teil mit Mitarbeiter*innen belegt, können gemäß unserer Vergaberichtlinien allerdings auch an Hohenbrunner Bürger*innen vermietet werden. Hinzu kommt ein Belegnungsvorschlagsrecht für 12 Wohnungen der Baugesellschaft München Land.
Aus dem Abend mit dem GRÜNEN Experten Jürgen Mistol nehmen wir viele Anregungen mit und sehen uns bestärkt in unseren Forderungen und Vorschlägen für eine sozial und ökologisch sinnvolle Gemeindeentwicklung.
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